Zum 10. Mal wird in diesem Jahr in Erlangen der Comic und seine Kunst
als Ereignis gefeiert. Der Internationale Comic-Salon Erlangen, der alle
zwei Jahre stattfindet, hat einen runden Geburtstag. Er fällt 2002
zusammen mit dem 1000-jährigen Jubiläum der Stadt Erlangen.
Das große Thema des Salons ist deshalb im Jahr dieses Doppel-Geburtstages
"Die Stadt und der Comic", zwei kulturelle Phänomene, deren
vielfache Beziehungen auf der Hand liegen.
Anfänge und Entwicklung des Salons markieren zugleich Meilensteine
deutscher Comic-Kultur in den letzten beiden Jahrzehnten. Der Salon wurde
1984 ins Leben gerufen von Karl Manfred Fischer. Er entwickelte und baute
sein Konzept aus und leitet ihn heuer letztmals. Der 1. Salon konzentrierte
sich rund um den Redoutensaal als Hauptveranstaltungsort. 32 Verlage,
Agenturen und Comic-Buchhandlungen nahmen daran teil. 36 Künstler
waren offiziell gemeldet. Das Kulturprogramm mit acht Ausstellungen, mit
Vorträgen, Diskussionen, dem Filmfest und dem Max-und-Moritz-Preis,
der von Bulls Press, Frankfurt a.M., gestiftet, und von der Stadt Erlangen
in einer Gala erstmals an drei Preisträger verliehen wurde, war von
Beginn an neben der Fachmesse das zweite Standbein des Salons. Kultur,
Kunst und Kommerz hatten zu einer idealen Symbiose gefunden.
Große deutschlandweite Beachtung fanden von Anfang an die Ausstellungen.
Diese Comic-Biennale war und ist bis heute einzigartig. Viele der Erlanger
Ausstellungen wurden von anderen Museen und Kunsthallen übernommen.
Der Max-und-Moritz-Preis wurde zum Oscar der deutschsprachigen Comic-Szene,
den Verlage und Künstler gerne für ihre Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
einsetzen.
Unerwartet groß war der Erfolg und der Zuspruch des ersten Salons.
Er löste geradezu eine Comic-Lawine aus. In den Jahren danach gab
es überall in Deutschland Nachahmer, in Frankfurt, München,
später in Hamburg zum Beispiel. Einige dieser Salons hielten sich,
nur wenige Jahre, andere wurden als Comic-Fest weitergeführt. So
ist der Erlanger Salon Deutschlands erster und einziger Salon geblieben.
Bis zu seiner "dritten Ausgabe" 1988 dehnte sich der Salon vom
Redoutensaal über das Markgrafentheater und seine Foyers bis schließlich
hin zum Schloßplatz aus, auf dem ein Zelt aufgestellt wurde, um
allen Verlagen Platz bieten zu können.
Intensiviert wurde 1988 auch die Zusammenarbeit mit dem Salon in Angoulême,
dem bedeutendsten französischen Salon, durch die große Ausstellung
von Enki Bilal "Crux Universalis", die Didier Moulin aus Paris
gestaltet hatte. Er konnte damals für die Ausstellungsgestaltung
des Erlanger Salons gewonnen werden, die er bis heute in Zusammenarbeit
mit den Machern vor Ort entwirft.
Nachdem die Fachmesse zunehmend aus allen Nähten zu platzen drohte,
präsentierte sich "Erlangen 4" 1990 an neuem Ort, im Kongresszentrum
am Rathausplatz. An das großzügigere Ambiente hatte man sich
schnell gewöhnt. Eine Ausweitung in die benachbarten Rathausfoyers
war bereits 1992 erforderlich.
Es gab unvergessliche Künstler-Begegnungen in den vergangenen 18
Jahren, unter ihnen mit Art Spiegelman und Will Eisner, den großen
Amerikanern, mit den Franzosen Jacques Tardi, Morris und Moebius, mit
dem Spanier Miguelanxo Prado, dem Argentinier Alberto Breccia und dem
Belgier François Schuiten.
In den Jahren seines Bestehens ist der Internationale Comic-Salon Erlangen
zu einem wichtigen Impulsgeber dieses Mediums der Populärkultur im
deutschen Sprachraum geworden. Er hat entscheidend dazu beigetragen, ein
Massen-Phänomen gerade auch als künstlerisches Genre ins allgemeine
Bewusstsein und in die Feuilletons zu rücken, und hat ihm einen heute
unbestrittenen Platz geschaffen.
Zugleich ist der Salon von Anfang an ein präziser Spiegel des Comic
und seiner Entwicklung in Deutschland gewesen. Registriert und diskutiert
wurden die Aufs und Abs der Branche ebenso wie neue Zeichnergenerationen
und Stilrichtungen und die Wandlungen und Veränderungen der Comic-Kultur.
Die Zahlen und Fakten von "Erlangen 10" machen im Rückblick
auf "Erlangen 1" diese Entwicklung deutlich: 110 Verlage, Agenturen
und Buchhandlungen sind in diesem Jahr dabei. 230 Künstler sind angesagt,
43 Künstler und Publikationen wurden für den Max-und-Moritz
nominiert und 23 Ausstellungen präsentiert die Ausstellungsbiennale,
welche die Francobelgier mit ihrer großen Kunst ebenso zu Wort kommen
lässt wie Angloamerikaner und Japaner, die einen breiten Leserkreis
ansprechen; und last but not least die deutschsprachigen Zeichner zwischen
Hamburg, Stuttgart und Zürich, die regionale Szene, und erstmals
in konzentrierter Form auch die deutschen und französischen Hochschulen
mit dem studentischen Nachwuchs.
Nie war der Salon so groß wie in diesem Jahr. Erweitert wurde der
Bereich des Comics im World Wide Web mit der ComComLounge in der Ladenzone
vor dem Kongresszentrum. Neu ist mit dem Blick auf die Vielzahl der Leser
und Fans die MangaZone bei Publicis MCD. Mit ihren verschiedensten Programmen
und Aktionen soll hier vor allem die nachwachsende Generation angesprochen
werden.
Und noch nie zuvor wirkten so viele freie Veranstalter beim großen
Comic-Spektakel mit. Ihnen allen danke ich herzlich.
Mit diesem Hinweis auf das Neue im Bewährten wünsche ich allen
Gästen und Besuchern des 10. Internationalen Comic-Salons Erlangen,
jenen, die seit Jahren und all jenen, die zum ersten Mal kommen, vier
ereignisreiche, spannende und unterhaltsame Tage.
Dr. Siegfried Balleis, Oberbürgermeister der Stadt Erlangen
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