Vier
Jahreszeiten. Ein Haus, in dem es eine Buchhandlung gibt. Ein Vater mit
seinen zwei Söhnen, die sich einen Traum teilen. Einen Traum vom
Leben, das voranschreitet. Die Söhne werden älter. Am Ende,
im letzten Bild, liegt da ein gebrochenes Brot auf einem Teller. Der Vater
- womöglich ist er auf einer symbolischen Ebene spirituell gemeint.
Es ist für den Leser vieles möglich zu denken, wenn er Daniel
Bossharts wortlos erzählte Geschichte "Geteilter Traum"
anschaut.
Auf
dem Internationalen Comic-Salon Erlangen 2000 bekam diese Geschichte den
Max-und-Moritz-Preis für die beste deutschsprachige Comic-Publikation.
Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden, von der Realisierung der Träume
in der Tat. Es ist eine Geschichte über zwei unterschiedliche Temperamente.
Der eine Sohn träumt das Abenteuer, wenn er als Kind draußen
im Wald spielt. Dem anderen Sohn wird das im Zimmer vermiedene Abenteuer
zum Anlass, sich über die Phantasie in die künstlerische Sublimation
zu träumen. So geht es weiter - über Jahre, in den Beginn von
Karrieren.
Daniel
Bosshart, 1971 in Zürich geboren, ausgebildet zum Comic- und Hochbauzeichner,
inzwischen Architekt, hat Räume als Bühne seiner kleinen, wunderschönen
Entwicklungsnovelle gezeichnet. Räume, die sich verwandeln und die
dennoch die Köpfe immer wieder zusammenhalten. So wird unter dem
Eindruck der ersten Liebe ein kleinstädtischer Marktplatz in eine
"romantisch" mittelalterliche Gotik-Szene verzaubert. Der andere
Junge, der keine Hand zum Halten hat, liest "Romeo und Julia"
und bringt mit seiner Phantasie eine auf die Buchseite von Shakespeares
Text gezeichnete emblematische Rose dazu, durch Panelbegrenzungen hindurch
in eine riesige Bibliothek zu wachsen. Bei Bosshart kann jeder Gedanke
Bild werden und jedes Treppenhaus Bühnenbild. Seine Bilder wirken
ruhig, ohne statisch zu sein. Seine Innenräume, seine Außenräume,
mit der Präzision des Architekten erfasst, sind zugleich Seelenräume.
Sie haben eine Tiefe, die nicht in den zwei Dimensionen einer Seite endet.
Das Auge kann in ihnen auf weite Reisen gehen. (HH)
© Stadt Erlangen und Verfasser
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