Die große Ausstellungs-Biennale zum 10. Internationalen Comic-Salon

Rund zwanzig Ausstellungen. Einzelschau-Premieren internationaler Comic-Künstler. Ein- und Ausblicke auf die deutschsprachige Szene und den Comic-Nachwuchs. Dieses "Comic-Museum auf Zeit" ist einzigartig in der deutschen Ausstellungslandschaft!
Der große Saal des Kongresszentrums wird in der Inszenierung des Belgiers François Schuiten zur imaginären Comic-Stadt, die Originale von internationalen Stars präsentiert. Die Franzosen Baru und Alex Barbier, der Belgier Hermann und die Städte der Zukunft zwischen Dylan Dog und Transmetropolitan. Eine Multimedia-Präsentation blickt auf hundert Jahre Stadt-Comics zurück, vom historischen Rom bis zur utopischen "Sin City".

zur Aufzählung der Ausstellungen:

Metropole der Bilder: Die Stadt in den Comics

Es war einmal ein glatzköpfiger Junge in einem gelben Hemd. Der trat in dem überfüllten Hinterhof einer großen Stadt auf und begründete ein neues Medium: die Comicstrips. Von der Stadt sah man zwar hinter den Mauern des Hofes nicht viel, und dennoch begannen die Comics sofort von ihr zu erzählen. Zuerst hatten sie es schwer, die hohen Häuser und vom Verkehr rauschenden Straßen der Stadt zu zeigen, denn sie waren ja nur schmale Bilderstreifen in Zeitungen, und ihre Helden hatten oft kindchenhaft dicke Köpfe. Da musste es genügen, die Stadt mit ein paar Fensterfronten hinter diesen Köpfen anzudeuten. Aber je mehr sich herausstellte, dass die Comics genau in dem Tempo erzählten, das auch das Tempo der Großstädte war, je mehr man herausfand, dass die Leser von Comics vor allem in diesen Großstädten wohnten, desto mehr wollten sich die Städte in den Comics auch entfalten. Und da die Zeitungsstrips sich in den Sonntagsausgaben bald auf eine ganze Seite ausdehnen durften, bekam die Stadt endlich den Raum, den sie brauchte, um zur Comic-Hauptperson zu werden. Und es fand sich der Mann, der sie dazu machte: Winsor McCay. Zwar schickte er zwischen 1905 und 1914 den kleinen Schläfer Little Nemo immer wieder ins Slumberland. Doch da die Träume sich von der Wirklichkeit nähren, gelangten auch die Städte ins Reich des Schlafs. Und sie verbogen und verwandelten sich nicht nur unter der Logik des Traums, sie ermöglichten auch viele Reisen zu wirklichen Städten in Amerika und anderswo, die Winsor McCay genau porträtierte. Als die Zeitungsstrips sich ein paar Jahre später eine neue Erscheinungsform gaben und Bildergeschichten nun auch in Heften erzählt wurden, da wurden sie nicht nur von neuen Helden erobert, die nicht mehr komisch waren, sondern spannende Abenteuer erlebten, da bekamen auch viele der Helden als Lebensraum und Abenteuerreich die großen Städte, manchmal mit bedeutenden Namen wie Metropolis oder Gotham City, manchmal namenlos wie die Stadt an sich, in der Spirit für Ordnung sorgen muss.
Die großen Städte sind das Hauptspielfeld der Comics geblieben. Paris ist der Ort, an dem Jacques Tardis Nestor Burma ermittelt und seine Adèle mit Monstern ringt. Über den Straßenschluchten von New York bekämpft Peter Parker als Spiderman das Verbrechen. Durch das postnukleare Tokio rasen die Motorradhorden in Otomos "Akira". Sogar der Dorfbewohner Asterix besucht ab und zu die Weltstadt Rom. Und wo könnten Toms Frittenbuden anders stehen als in der Bundeshauptstadt Berlin. Wenn schließlich eine Comic-Stadtvision Wahrscheinlichkeit auf baldige Realisierung hat, dann ist es jene versmogte und verslumte Megacity, in der Judge Dredd Recht sprechen soll.
Wer diesen 10. Internationalen Comic-Salon in Erlangen durchwandert, wird der Stadt überall begegnen. Die Künstler der Brüsseler Gruppe Fréon finden dort ihre versponnenen Geschichten. Sie ist neben dem Wasser das Hauptelement, das Martin tom Diecks labyrinthische Welten trägt. Wo könnten die obsessiven Ängste der Figuren von Alex Barbier schärfer hervortreten als hinter den geheimnisvollen Fenstern der Stadt. Die interkulturellen Kämpfe von Barus Alltagshelden finden in ihren Mauern statt. Hermann beschreibt die Stadt auf verschiedenen Kontinenten und zu verschiedenen Zeiten als Ort der Abenteuer. Das ganze Comic-Werk von François Schuiten ist nichts als Städtebau. Das London Dylan Dogs ist eine Transitstadt zu den Sphären der Geister und Dämonen. Michael Larks "Terminal City" ist die utopische Stadt aus den SF-Träumen von gestern, und Darick Robertsons "Transmetropolitan" ist die schrecklich komische Beschreibung der multikulturellen Chaos-Stadt von morgen. Die kleine Stadt ist der Rahmen für den "Geteilten Traum" vom Heranwachsen, den Daniel Bosshart erzählt. Thomas Otts Höllenstadt Hellville ist überall, vor allem aber in den Köpfen. Die Stadt in der Matrix ist nur actionhaltiger Schein. Martin Perscheids Deppen sind vor allem urbane Deppen. Und die Stadtlandschaften, die Axel Voss zwischen Fürth und Nürnberg und anderswo entdeckte, bekommen durch seinen Blick eine Aura von Schmerz. Schließlich wird auch noch die Geschichte der Städte im Comic erzählt.
Eine Stadt besteht aus Millionen Bildern und Millionen Geschichten. Man kann immer nur ein paar davon einfangen, ein paar anschauen und ein paar anhören. Die Stadt ist ein unüberschaubares Angebot. Der Comic-Salon mit seinen vielen Wegen zu den Städten in den Bildergeschichten übernimmt einen bescheidenen Teil davon. (HH)

Zu den Highlights zählen:

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
François Schuiten und Brüsel
François Schuiten, die Stadt und Comic, das lässt sich kaum trennen. Der Belgier hat die spektakuläre Inszenierung für Hannovers Expo geschaffen, Brüssels Untergrundbahnhöfe fantastisch verändert. Seit der Superstar 1994 beim Salon eine Ausstellung hatte, ist seine Beziehung zu Erlangen eine besondere.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Abenteuer des Alltags: Baru
Erstmals in Deutschland: Der "Kamera-Virtuose" unter den französischen Comic-Autoren. Der Erzähler von Alltagsgeschichten jener Leute, die so häufig an der Peripherie der großen Städte leben.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Fenster zum Abgrund: Alex Barbier
Seine Panels sind kleine Gemälde. Seine Storys handeln von den Problemen des modernen Menschen: Sexualität, Ängste und Wahn. Alex Barbier ist in Deutschland noch zu entdecken!

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Hermanns Welten
Zu den letzten noch lebenden Stars der franko-belgischen Szene gehört Hermann: von brillanter Naturalistik sind seine Panoramen, von größter Perfektion seine Technik.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Im Wahn der Megacitys
Die extremsten Zukunftsstädte der jüngeren Comic-Geschichte haben die Zeichner Darick Robertson mit "Transmetropolitan" und Michael Lark mit "Terminal City" entworfen. Besuchen Sie ihren Wirbel und Wahnsinn!

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Ungerufene Geister
In London jagt Dylan Dog Geister, wobei er alle Dimensionen von Gruselliteratur und Horrorfilm durchstreift. Tiziano Sclavis Fumetto Nero "Dylan Dog" ist der Gedankenspiel-Comic für Horror-Fans und Intellektuelle.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Heroes aus der Unterwelt: Mike Mignolas "Hellboy"
Hellboy im Visier des US-amerikanischen Star-Zeichners Mike Mignola und seiner deutschen Kollegen.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Frank Cho: Liberty Meadows
Das saukomische Tierasyl mit durchgeknallten Psychowracks in Originalen. Frisch über den großen Teich kommen die Strips des Amerikaners für den Salon.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Martin Perscheid: Abgründe
Der deutsche Gary Larson spürt mit luzider Komik den Abgründen seiner deutschen Zeitgenossen nach.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Stefan Dinter/Naomi Fearn/Martin Frei/Geier/Haggi/Peter Puck: Die Stuttgarter Comicer
Sechs Schwaben gegen den Rest des Landes. Realismus zwischen Horror und Satire, immer nahe am Leben dran.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle
Junges Forum:
Ten Eyes
, Nürnberg; Hochschule für Künste, Bremen; La maison qui pue, Angoulême; Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg/Fachbereich Gestaltung

Erstmals: Ebenso originelle wie freche Präsentation von Studenten aus Deutschland und Frankreich.

Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Halle, 1. Stock, Rangfoyer
Filu – Archiv der Zeichner
Forum für Illustratoren, Buchkünstler und Zeichner

Schaufenster-Galerie, Rathausplatz
Bilder von Terror und Trauma
Reaktionen der amerikanischen Comic-Kunst auf den 11. September

Städtische Galerie Erlangen, Marktplatz 1
Fréon by night: exposition obscure
Die junge Brüsseler Avantgarde-Gruppe mit einer eigens für den Salon produzierten Inszenierung: Paraphrasen der Finsternis, Nachtlandschaften des Mysteriösen.

Städtische Galerie Erlangen, Marktplatz 1
Martin tom Dieck: Ich kann von hier den Hafen sehen
Hamburgs Speicherstadt, gespiegelt im Hafenwasser, der Totenfährmann Charon und Frankreichs Philosoph Gilles Deleuze, dies sind die Stoffe, aus denen der Max-und-Moritz-Preisträger 2000 seine geheimnisvollen Geschichten spinnt.

media.ART.zentrum, Helmstraße 1
Philippe Petit-Roulet: Schmock City
Seine Strichmännchen scheinen kindlichen Frohsinn zu vermitteln. Der Spezialist für das Doppeldeutige schreibt große Comic-Literatur. Ein Star ist er in Frankreich nicht nur in der Comic-, sondern auch in der Werbewelt.

evenTraum der Publicis MCD, Bauhofstraße
MangaZone
Erstmals beim Salon - die MangaZone: Der japanischen Manga steht im Zentrum des evenTraums der Publicis MCD. Mit Originalen aus "Wedding Peach" von Nao Yazawa, Robert Labs "Dragic Master" und "Naglayas Herz" von Sascha Nils Marx. Dazu das tägliche Anime-Kurzfilmprogramm von ACOG, die Manga-Leseecke für Fans und Neugierige zum Stöbern und Schmökern, Manga-Kostüm-Wettbewerb, Diskussionsrunden und Signierstunden mit den Manga-Stars.

CineStar, Nürnberger Straße 31
In der Matrix – Ein Storyboard als Comicstrip
Die Preproduction von Spielfilmen hat längst eine Subspezies der "sequentiellen Kunst" (Will Eisner) hervorgebracht, die in der Comic-Diskussion kaum Beachtung findet. Dabei sind an dieser Subspezies durchaus prominente Comic-Zeichner beteiligt. Es handelt sich um das Storyboard. Das Storyboard der beiden Comic-Künstler Steve Skroce und Geof Darrow zum Kultfilm "The Matrix" ist beim Comic-Salon erstmals in Deutschland in einer Ausstellung zu sehen.

SiemensForum, Werner-von-Siemens-Straße 50
Daniel Bosshart: Geteilter Traum & Raum
Raum und Zeit verbindet der Schweizer Daniel Bosshart zu stiller poetischer Einheit und Eindringlichkeit. Ursprünglich war der Schweizer Architekt. Das spürt man.

Antiquariat Eschenbacher, Goethestraße 37
Axel Voss: Stadtlandschaften
Krimi-Atmosphäre herrscht in den Städten von Axel Voss. Das Triste, das Düster-Verwahrloste erzählt Geschichten, die allen großen Städten gemeinsam sind.

Galerie Hartmut Beck, Theaterstraße 1
Roger Libesch
Weniger Comic-Zeichner als Maler ist Erlangens Roger Libesch. Doch mit seinen expressiv-realistischen Bildern erzählt er mit Vehemenz und Dynamik Geschichten. Dazu schuf er die Storys um "Erlando", den Jubiläums-Kater zum Stadtgeburtstag.

Café Moravia, Theaterstraße 6
Heiner Lünstedt/Christoph Schöne: "Der lustige Berber"
Die "Seite 3" von "Biss", dem Münchner Straßenmagazin

Café Schiffstraße, Schiffstraße 12
Lisa Neun – ROTE KARTEN GEGEN DICH UND MICH und mehr
Kurzgeschichten über den atypischen Wiener Kleingangster Pepi Prohaska und seine Hamburger Dauerfreundin Dorte Jansen


Hauptveranstaltungsorte:
Kongresszentrum - Heinrich-Lades-Halle, Rathausplatz 1, 91052 Erlangen
Städtische Galerie, Marktplatz 1
media.ART.zentrum, Helmstraße 1
MangaZone im evenTraum, Publicis MCD, Bauhofstraße
ComComLounge, Rathausplatz
CineStar, Nürnberger Str. 31
Manhattan-Kino, Güterhallenstraße 4


Öffnungszeiten im Kongresszentrum:
Donnerstag, 30.5.,12 bis 19 Uhr
Freitag und Samstag, 31.5. und 1.6.,10 bis 19 Uhr
Sonntag, 2.6., 10 bis 18 Uhr

© Stadt Erlangen und Verfasser

Sicher interessant ist auch die Ausstellung der Kunsthalle Nürnberg Paul Morrison "Chloroplast", die dort vom 8. Mai bis 30. Juni 2002 zu sehen ist!