Kategorie 1a
Bester Comic-Strip, international
Frank ChoLiberty Meadows

So richtig beliebt ist Frank Cho bei seinen Kollegen nicht: Im Herbst 1999 hatte er sich als Jurymitglied selber für den renommierten Ignatz-Award nominiert - und gewonnen. Erfolg macht nun einmal neidisch und der 31-jährige Cho ist auch noch ein recht selbstbewusster Geselle, der Mitbewerber gerne zum Kochen bringt. Dabei ist seine Serie "Liberty Meadows", in der es um ein Tierasyl mit lauter durchgeknallten Psychowracks geht, vor allen Dingen eins: saukomisch. Da ist zunächst Truman, ein naiver Enterich und einziger Überlebender eines Tankerunfalls, dann Ralph, ein Kleinbär, der eine Zirkuskarriere hinter sich hat (besonderes Talent: Er kann Pudding durch einen Strohhalm schlürfen), und sein bester Freund Leslie, ein hypochondrischer Breitmaulfrosch. Für die Machosprüche ist Dean zuständig, ein rauchendes, saufendes Hausschwein, das zunächst als Proband in einem Tierversuchslabor diente und anschließend Maskottchen einer Studentenverbindung wurde; Dean ist auf Entzug in "Liberty Meadows". Betreut wird diese Gruppe, um die sich noch ein halbes Dutzend anderer Gestörter gruppiert, von dem schüchternen Tierarzt Frank und der ziemlich sexy aussehenden Psychologin Brandy. Aus dieser Konstellation schlägt der gebürtige Koreaner Cho, der eine Vorliebe für alte Werbeslogans und Comic- und Fernsehserien aus den 50ger Jahren hat - bei denen klaut er hemmungslos - eine Menge komische Funken. Sicher: "Liberty Meadows" verdankt Berke Breatheads "Bloom County" eine Menge. Aber die Serie ist seit sieben Jahren eingestellt und "Liberty Meadows" sollte als der lang erwartete und legitime Nachfolger betrachtet werden. Bereits während seines Medizinstudiums hatte Cho ab 1994 den "Liberty Meadows"-Vorgänger "University²" gezeichnet, der 1997 in "Liberty Meadows" überführt wurde. Anfang 2002 hat Cho aus persönlichen Gründen nun die Publikation als Tagesstrip eingestellt. Die Serie endet mit dem Cliffhanger "Brandys Hochzeit" (Wird sie "ja" sagen?), aber in den regelmäßig erscheinenden Heften und Sammelbänden geht es weiter. (LuG)

Garry Trudeau – Doonesbury

Es gibt nicht viele Comicstrips, die eine so lange Laufzeit vorweisen können wie Garry Trudeaus "Doonesbury", und ganz sicher gibt es keinen einflussreicheren mehr. Als Student an der Yale University begann der 1948 in New York geborene Trudeau für die Campuszeitschrift "Record" Ende der 60ger Jahre eine Serie namens "Bull Tales", in denen eine Gemeinschaft von Hippie-Studenten politische Phänomene kommentierte. Bald sicherte sich eine regionale Tageszeitung die Reihe, und dadurch erweckte sie die Aufmerksamkeit von Universal Press, die sie von Oktober 1970 an unter dem Namen einer der Hauptfiguren, "Doonesbury", in ganz Amerika anbot. Durch die bissige Kommentierung, die Trudeau der Watergate-Affäre in seinem Strip angedeihen ließ, wurde seine Serie berühmt, 1975 erhielt er dafür den Pulitzer-Preis. Der Erfolg erlaubte ihm, sich 1983 für fast zwei Jahre zurückzuziehen, bevor er triumphal zurückkehrte, wobei Trudeau jedoch seinen bisherigen Witz zugunsten oft sarkastischer, bisweilen auch ganz ernsthafter Texte zurückstellte. Er wünschte sich, dass sein Strip nicht mehr auf den Comicseiten, sondern im politischen Teil abgedruckt werde, und viele Zeitungen folgten dieser Empfehlung. Die anfänglichen Charaktere hatten mittlerweile zahlreichen Zuwachs bekommen, waren gealtert, hatten geheiratet und Kinder bekommen, deren Lebensweg Trudeau fortan verfolgte, womit es ihm gelang, am Puls der Zeit zu bleiben. Neue favorisierte Themen der letzten Jahre waren etwa die Ausbeutung fernöstlicher Arbeitnehmer oder die Sexaffären von Präsident Clinton. Seinen Zeichenstil hat Trudeau nie geändert; er pflegt einen denkbar schlichten Strich und erlaubt seinen Figuren kaum gestische oder mimische Variation. Aber der Text steht ohnehin im Vordergrund, und die wiederkehrenden Elemente, zum Beispiel die Außenansicht des Weißen Hauses oder die Symbole, die die realen Politiker ersetzen, sind längst zu Markenzeichen geworden, die "Doonesbury" rund um die Welt zu einem der bekanntesten Comicstrips aller Zeiten gemacht haben. (apl)

 

J. P. Toomey – Sherman's Lagoon

Was haben maritime Lebensformen und High-Tech-Applikationen miteinander gemein? Normalerweise gar nicht viel, außer man befindet sich in der Lagune von Hai Sherman, wo neben der obligatorischen Jagd auf Menschenfleisch auch schon mal im weltweiten Netz navigiert wird. Surfen über und unter der Wasseroberfläche, sozusagen ... Seit einigen Jahren sind neue, originelle Comicstrip-Serien auch international rar geworden. Um so erfreulicher, wenn es dann doch immer wieder Serien gibt, die zeigen, dass diese (mehr oder weniger) älteste Kunstform des Mediums Comic noch nicht in Vergessenheit geraten ist, und es noch Künstler gibt, die dieses Medium auch in seiner klassischen Form perfekt beherrschen. "Sherman's Lagoon" von Jim P. Toomey ist eine solche Serie: formal ein typischer Funny-Strip, thematisch wie inhaltlich aber kaum mit anderen Comicstrips vergleichbar (nein, auch nicht mit "Haiopeis"). Grafisch brillant, inhaltlich witzig, präsentiert Toomey uns eine Art Fisch-Sitcom de luxe. Mit (allzu)menschlichen Tieren und (zeitweise) tierischen Menschen. (hah)

 

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