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Kategorie
1b |
Bester Comic-Strip, deutschsprachig |
Hanitzsch, Riehl-Heyse Der
große Max
Der gezeichnete politische Kommentar ist nie aus der Mode gekommen.
Allerdings wird er als Karikatur meist auf ein einziges Bild verdichtet.
Als Comicstrip, dazu noch getragen von einem kontinuierlich auftretenden
"Helden", hat er in Deutschland wenig Tradition. Deswegen
ist das Unterfangen der Süddeutschen Zeitung mit der Fortsetzungsserie
"Der große Max" geradezu kreativ. In jeder Wochenendbeilage
erscheinen die Abenteuer des niederbayerischen Bundestagsabgeordneten
Max Froschhammer aus Strasslfing und haben längst eine große
Lesergemeinde für die schräge Untersicht auf die bayerische
und berlinische Weltlage gewonnen. Getextet werden die Geschichten vom
leitenden Redakteur der Süddeutschen Herbert Riehl-Heyse; den ätzenden
Strich setzt Dieter Hanitzsch an, der seit vielen Jahren als Karikaturist
Politik auf die Pointe bringt. Als Vorbild ist in der Ferne Ludwig Thoma
zu ahnen. So vereint der Strip um den "großen Max" glücklich
verschiedene Aspekte des Journalismus: die grafische Akzentuierung von
Meinung in den prägnanten Strichlandschaften mehr oder minder großer
Köpfe und die sprachliche Stellungnahme, die durch die große
Bedeutung von Briefstellen und Tagebuchzitaten in den Geschichten zum
Tragen kommt. (HH)
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Alex Macartney
Die Loge
Alex Macartney, trotz seines anglophonen Namens Schweizer, gehört
zu der im ganzen deutschsprachigen Raum seltenen Gattung veritabler Comicstrip-Zeichner.
Also jene, die der amerikanischen Urform folgend einzeilige Gagstrips
mit kontinuierlichem Personal und auf Situations- und Charakterwitz aufbauender
Handlung über einen langen Zeitraum hinweg produzieren. Gerade mit
seiner Serie "Die Loge" (entstanden für die Züricher
Tageszeitung "Metropol"), ein Einblick in eine Schweizer Jung-Männer-WG,
bestehend aus dem kleinen Brillenträger Roy, dem Elvis-Lookalike
Elvis und dem blondbezopften Schweden Nils, zeigt Macartney, dass es auch
im deutschen Sprachraum möglich ist, Comicstrips auf kontinuierlich
hohem Niveau zu schaffen. Macartney, der unter anderem auch One-Pager
für die Heftserie "Horst" (Schwarzer Turm) beisteuert,
gewann mit seiner WG-Sitcom vor zwei Jahren den Wettbewerb des Comic-Channels
auf ORF.AT und ist dort seitdem wöchentlich online mit einem neuen
Strip vertreten (http://comics.orf.at). Außerdem sind bereits zwei
Bücher mit den gesammelten Erlebnissen seiner "Helden"
erschienen (Cartoon Pool). Optisch ein wenig dem amerikanischen Underground
à la Crumb verwandt, überzeugt "Die Loge" vor allem
durch coolen Witz, Kontinuität und scharfer Beobachtungsgabe für
das Großstadt-Single-Leben am Beginn des neuen Millenniums. (hah)
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Martin Perscheid
Perscheids Abgründe
Männer mit Übergewicht, Eierkopf und einer Nase, die wie eine
fette Zigarre im Gesicht klebt, machen gewöhnlich keine Karriere.
Es sei denn, sie spielen eine gewichtige Rolle in einer Cartoonserie,
die in unzähligen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht
wird. Der namenlose Herr hat Probleme beim Computerkauf, beim Braten
von Fischstäbchen und mit Frauen sowieso. Vor allem aber weiß
er nicht, wie man sich wäscht, was uns den wunderbaren Cartoon
"Wenn Deppen duschen" beschert hat, den man in deutschen Badezimmern
nicht mehr missen möchte. Geradezu boshaft reduziert Martin Perscheid
das Äußere seiner Figuren auf die denkbar negativsten Merkmale
und stattet sie mit den gröbsten menschlichen Unzulänglichkeiten
aus, die wir alle kennen - aber natürlich nur bei anderen. Aus
dem Kontrast dieser Reduzierung einerseits und der grotesken Überhöhung
andererseits ergeben sich skurrile Alltagsdramen, die den Leser Tränen
lachen lassen. "Abgründe" ist denn auch ein treffender
Titel für all die dargestellten Dummheiten und Eitelkeiten. Von
Martin Perscheid, der den Vergleich mit Gary Larson zwar nicht sonderlich
liebt, ihn aber auch nicht zu scheuen braucht, sind mittlerweile auch
mehrere Bücher erschienen. (pela)
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Katz & Goldt
Oh Schlagsahne! Hier müssen Menschen sein
Stephan Katz und Max Goldt, das ist ein Team, dass sich nicht gesucht
und doch gefunden hat. Katz, der bis 1997 noch in Bielefeld lebte, war
schon immer mit seinen eigenen Texten unzufrieden und adaptierte daher
gerne die Geschichten anderer in Comicform. Max Goldt, der Anfang der
80er Jahre eine kurze, aber heftige Karriere als Sänger der NDW-Band
Foyer des Arts hatte (und in dieser Funktion bereits "Wissenswertes
über Erlangen" vermitteln wollte), wurde über die Stationen
"Ich und mein Staubsauger", "Titanic" und Haffmans
Verlag einer der populärsten Kolumnisten Deutschlands. Zusammen haben
die beiden bisher immerhin vier Alben gefüllt, die ersten drei noch
beim Szeneverlag "Jochen", das Neueste ist nun beim Hamburger
Carlsen-Verlag erschienen. Dabei waren die Rasterfolien, heute eine Art
Markenzeichen von Stephan Katz, zuerst nur eine Notlösung: "Ich
wollte in meine Comics einfach mehr Kontraste reinbringen, hatte aber
damals die Letrasetbögen noch nicht entdeckt", gesteht Katz.
Nun mag es auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen, Katz &
Goldt in der Kategorie Zeitungsstrip, deutschsprachig, zu nominieren,
aber ihre Seiten erscheinen immer noch regelmäßig jeden Monat
zuerst im "endgültigen" Satiremagazin "Titanic",
bevor sie im Album gesammelt werden. (LuG)
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