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Kategorie
2 |
Bester
deutschsprachiger Comic-Künstler |
Ulf
K.
Schon während seines Kommunikationsdesign-Studiums war der
am 2. September 1969 geborene Oberhausener in Sachen Comic-Produktion
aktiv. Mit "Le Petit Clown" und "Die Verspätung"
legte er seine ersten Eigenproduktionen vor, die ihm eine kleine, aber
treue Fangemeinde einbrachten. Seit 1997 ist Ulf K. über Ubu Imperator
("Monsieur M.", "Hieronymus B.", "Die Stadt der
eleganten Leute"), die Edition Panel ("Der Mondgucker")
und Tentakel immer bekannter geworden. Als die FAZ im Herbst 2000 täglich
einen der später bei Reprodukt als Sammelband erschienenen Strips
"Exlibris" veröffentlichte, wurde Ulf K. einem ebenso großen
wie anspruchsvollen Publikum ein Begriff. Sein Thema ist der eingehende,
aber unaufdringliche Blick auf das Innenleben von Menschen. Vorbilder
wie Yves Chaland und das Autoren-Zeichner-Gespann Dupuy-Berberian haben
ihre Spuren hinterlassen, aus denen Ulf K. einen ganz eigenen Stil entwickelte.
Seine flächigen Zeichnungen sind eine Mischung aus Melancholie und
aufblitzendem Humor. Dadurch entsteht eine ruhige und zugleich dichte
Atmosphäre, die den Leser sofort in ihren Bann zieht. Ulf K. ist
in der Lage, diese Stimmung sowohl mit Farbe, als auch in Schwarzweiß
herbeizuzaubern. Inzwischen erscheinen seine Geschichten bei der kleinen,
aber feinen Edition 52, darunter "Tango de la Mort", eine Wiederveröffentlichung
kurzer und sehr lesenwerter Erzählungen. (pela)
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Reinhard Kleist
Sein Mut ist verblüffend
- nicht nur künstlerisch, auch publizistisch. Seine ersten Alben
für einen Großverlag, "Dorian" und "Lovecraft",
wählten literarische Sujets und gerieten jeweils zu einer grafischen
Tour de force. Kompromisse sind nicht die Sache von Reinhard Kleist. Deshalb
wurden beide opulente Alben zwar hochgelobt ("Lovecraft" gewann
1996 den "Max-und-Moritz-Preis"), konnten aber die kommerziellen
Erwartungen nicht einlösen. Das focht den 1970 geborenen Berliner
nicht an, denn er hatte immer schon Comics gezeichnet, die sich eher durch
Sperrigkeit auszeichneten und ihr Publikum unter den Ästheten fanden.
Lange vor der Kunstcomicwelle der späten 90er Jahre publizierte Kleist
jährlich einen überformatigen Siebdruckband in winziger Auflage
und bewies dabei in Komposition und sparsamem Farbeinsatz ein überragendes
Stilgefühl. Und mit "Amerika" erschien 1998 eine nahezu
wortlose schwarzweiße Comicerzählung, die in ihrer expressiven
Strenge ein Musterbeispiel für Kleists Stärken als Zeichner
darstellt. Seinem bislang letzten größeren Projekt, der Miniserie
"Fuck 2000", die sich der ungebärdigen Jugend- und Clubszene
Berlins widmet, schien mit dem Ende der verlegerischen Tätigkeit
von Jochen Enterprises ein trauriges Schicksal zu dräuen, doch Kleist
konnte im vergangenen Jahr diese Erzählung unter dem neuen Titel
"Fucked" in einem einzigen voluminösen Band abschließen.
Mit ihr hat er sich erstmals auf populäres Terrain begeben, ohne
dabei Zugeständnisse an die Komplexität von Handlung oder Charakterzeichnung
zu machen. Vor allem seine grafische Wandlungsfähigkeit aber ist
es, die ihn unter den deutschen Comiczeichnern einzig dastehen lässt.
(apl)
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Isabel Kreitz
Isabel
Kreitz ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein Phänomen: Zum
einen ist sie eine der wenigen Frauen, die sich in der "Männerszene"
der Comics behauptet - und das inzwischen seit Jahren und immer erfolgreicher.
Dann hat sie eine solide Ausbildung an der Hamburger Fachhochschule für
Gestaltung und der New Yorker Parsons School hinter sich. Sie ist sich
auch nicht zu fein, von Zeit zu Zeit Auftragsarbeiten zu übernehmen,
die sie mit genau dem gleichen Herzblut erledigt, wie ihre eigenen Alben.
Und egal, ob die Kreitz nun eigene Szenarien illustriert, wie in der S-Bahn-Surfer-Trilogie
"Schlechte Laune", "Ralf lebt" und "Totenstill"
(alle bei Zwerchfell erschienen), oder die Texte anderer Autoren (so adaptierte
sie Uwe Timms Novelle "Die Entdeckung der Currywurst"), ihre
Sprache ist immer lebensnah, eng am gesprochenen Dialog, ohne sich beim
modischen Jugendslang anzubiedern. Auch in ihren Zeichnungen gelingt es
Isabel Kreitz immer wieder, ihren erklärten Vorbildern (an erster
Stelle wohl Will Eisner) zu huldigen, ohne eine platte Imitation vorzulegen.
Ihr atmosphärischer Strich verleiht ihrer Heimatstadt Hamburg einen
ebenso düsteren, wie realistischen Augenschein. Gleichzeitig schafft
sie bei ihren Figuren eine wunderbar leichte und doch glaubhafte Charakterisierung.
Die Currywurst allerdings wurde in Berlin erfunden
(LuG)
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Peter Puck
Wenn
man es eine Leistung nennen will, dass jemand gegen alle ästhetischen
Moden seinen eigenen Stil verfolgt, dann ist Peter Puck ein Hochleistungssportler.
Seit der 1960 geborene Heidenheimer Zeichner vor siebzehn Jahren seine
Serie "Rudi" begründete, hat er nichts anderes getan, als
seine persönliche Sicht auf die Funnies zu perfektionieren - und
dabei ein Werk geschaffen, das wie ein Monolith in der deutschen Comicwelt
steht. Denn Puck ist kein Epigone, so sehr man seinem dynamischen Strich
den Einfluss der Marcinelle-Schule auch ansieht und so sehr seine Erzählweise
sich an den Gepflogenheiten französischsprachiger Comicklassiker
wie "Achille Talon" oder "Gaston" orientiert. Doch
man müsste darüber hinaus ein ganzes Panoptikum von Einflüssen
benennen, das von Carl Barks bis Robert Crumb reicht, um seinen Satiren
inhaltlich und formal gerecht zu werden, und man hätte damit noch
nicht annähernd deutlich gemacht, was die eigentliche Meisterschaft
von Puck ausmacht: sein Timing, seine Sensibilität für genau
die richtige Pose seiner Figuren und ein Textgespür, das ganz ohne
Beispiel ist. Denn Pucks "Rudi" ist nicht weniger als ein deutsches
Sittenbild der letzten zwanzig Jahre. Wer jemals in der Zukunft lesen
und sehen möchte, wie wir gelebt haben, mit all unseren Marotten,
Lastern und Liebenswürdigkeiten, dem steht mit den gerade einmal
sechs "Rudi"-Bänden eine Enzyklopädie des Alltags
bereit. Und in Peter Puck gilt es einen Chronisten zu feiern, der sich
mit allem messen kann, was das Genre hierzulande hervorgebracht hat. (apl)
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Dirk Schulz
Dirk
Schulz startet durch! Es ist, als ob die Pleite seines alten Verlegers,
des Splitter-Verlags, ungeahnte Kräfte in dem 1965 Geborenen frei
gesetzt hätte. "Indigo", die Serie, die ihn in Deutschland
bekannt gemacht hat, erscheint gerade in aktualisierten Versionen bei
Carlsen, gleichzeitig arbeiten Schulz und sein Lieblingsautor Robert Feldhoff
an neuen Bänden. Zusammen mit Delia Wüllner schreibt und zeichnet
er den Abschluss seiner Trilogie "Parasiten", gleichzeitig erscheint
Schulz' erste internationale Produktion auf deutsch, die Serie "Celtis",
die im letzten Jahr für den französischen Verlag Soleil entstand.
Lediglich "Chiq und Chloe", eine weitere Feldhoff-Koproduktion,
in der Schulz die neuen Möglichkeiten der Computerkolorierung ausprobierte,
hängt zur Zeit auf Halde. Schulz hat eine Zeichnerkarriere hingelegt,
wie sie nur in Deutschland möglich ist: Learning by doing, heißt
seine Devise, nach der er seit inzwischen zehn Jahren vor sich hin arbeitet
und dabei von Album zu Album immer besser wird. Sieben Alben umfasst die
Geschichte des Outsiders Indigo inzwischen, der sich durch die düstere,
utopische Welt der Stadt Sunset City bewegt und sie war so erfolgreich,
dass die Serie auch bei dem kleinen französischen Verlag Gibraltar
erschienen ist. So entwickelt sich Schulz immer mehr zum handwerklich
überaus geschickten Storyteller, der vor allen Dingen eines liefern
will: Unterhaltung, ohne die Intelligenz des Lesers zu unterfordern. (LuG)
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