Kategorie 4a
Beste deutschsprachige Comic-Publikation für Kinder
Ole Könnecke, "Doktor Dodo schreibt ein Buch", Carlsen Comics

Es gilt, eine der größtanzunehmenden Überraschungen zu preisen. Nicht die Qualität von Ole Könneckes Zeichnungen - die konnte niemanden mehr überraschen, der seine wunderbaren Kinderbücher kannte. Auch nicht die liebevolle Aufmachung des Bandes, denn der Carlsen Verlag hat mit "Little Lit" schon ein ähnlich schönes Buch im Programm, und irgendwohin müssen die "Harry Potter"-Gelder ja fließen. Aber was geradezu unglaublich ist, das ist der aberwitzige Humor von "Doktor Dodo schreibt ein Buch", der Kinder wie Erwachsene gleichermaßen begeistern wird, die grandiose Lakonie, mit der Könnecke seine Hauptfigur erzählen lässt, die Liebe zum Detail (etwa die alte Schreibmaschinen-Typografie), die Farbgebung, die klar zwischen Rahmen- und erzählter Handlung unterscheidet, die virtuose Variation des Seitenschemas, die Eleganz der Sprache, die zahlreichen Reminiszenzen an Vorbilder und - ja, und noch viel mehr. Aber das muss man einfach selbst lesen. (apl)

Scotch Arleston/Didier Tarquin, "Gnome von Troy", Carlsen Comics

Was stellt man sich wohl gemeinhin unter Gnomen vor? Richtig, fiese kleine Zwerge, die überall sind, nichts als Unfug treiben und dringend ein Bad benötigen. Vom gemeinen Gnom unterscheidet sich das Jungvolk des Troy-Universums allerdings durch den Besitz magischer Kräfte. Dass diese nur sehr begrenzt sind und oft überhaupt keinen praktischen Sinn haben, schafft viel Spielraum für komische Situationen, die der Autor Scotch Arleston pointiert erzählt und der Zeichner Didier Tarquin mit ziemlich spitzer Feder - wenngleich augenzwinkernd - inszeniert. "Gnome von Troy" ist eigentlich eine Parallelserie zu "Lanfeust von Troy", in der der Titelheld und seine Freunde in Kinderschuhen auftreten. Sie ist aber auch davon unabhängig verständlich und vor allem amüsant. Die derben Scherze der Kurzen sind witzige Übertreibungen von ziemlich normalem kindlichem Spiel- und Entdeckungstrieb. Die Magie setzt lediglich reizvolle Akzente, etwa in Form der frechen Göre Cixi, die ihr Talent, Wasser zu Eis gefrieren zu lassen, in den unpassendsten Momenten einsetzt. Die Verbindung aus humoristischen Alltagsgeschichten und magisch-absurden Verfremdungen machen "Gnome von Troy" zu einem jener modernen Kindercomics, die man hier zu Lande fast mit der Lupe suchen muss. (pela)

Régis Loisel/Patrick Cothias, "Norbert die Eidechse", Ehapa Comic Collection

Das ist eine groteske Klassengemeinschaft aus Vögeln, Mäusen, Igeln, Schlangen. Und der Klassenstreber heißt Norbert und ist eine Eidechse. Die Klasse hat auch Feinde: der Rabe Flugbert, der mit einem fliegenden Turnschuh unterwegs ist, und die aufgetakelte Fledermaus Miss Ratched, die ihrerseits Flugbert zum Geliebten haben möchte. "Norbert die Eidechse" ist ein Frühwerk des seit der Serie "Die Suche nach dem Vogel der Zeit" zum Kultzeichner aufgestiegenen Franzosen Régis Loisel und des viel beschäftigten Texters Patrick Cothias aus den 70er-Jahren. Es zeigt die beiden Künstler auf dem ungewohnten Terrain anthropomorpher Funnies. Im Grunde ist das eine Lausbubengeschichte, allerdings ins Absurde und Abgründige gewendet. Auffällig, amüsant und durchaus doppelgesichtig sind die Charaktere entworfen und karikierend gestaltet. Hier gibt es kein einfältiges Gut-Böse-Schema. Jede Überraschung ist möglich. Das ist die Qualität dieser Wiederentdeckung, die keine Fortsetzung findet. Denn die Episoden um Norbert sind längst schon eingestellt. Leider. (HH)

Johann "Hansi" Kiefersauer, "Käpt'n Blaubär", Carlsen Bildergeschichten

Käpt'n Blaubär ist einer der wenigen Fälle, in denen es eine eigenständige deutsche Figur für Kinder geschafft hat, sich auf Dauer über alle Medien hinweg ein breites Publikum zu schaffen. Nach den ersten drei "Blaubär"-Bilderbüchern (1990) entstanden für das Flaggschiff deutscher Kinderunterhaltung "Die Sendung mit der Maus" zahllose Fernsehfolgen von "Käpt'n Blaubärs Seemannsgarn" als Mischung aus Zeichentrick und Puppenspiel. Seit 1994 werden auch Comics um die Erlebnisse des Seemannsgarn spinnenden blauen Kapitäns und seiner nicht weniger bunten Enkel gemacht. Allerdings nicht von ihrem eigentlichen Schöpfer, Walter Moers, selber ein absoluter Top-Star der deutschsprachigen Comic-Szene, sondern vom Studio Honk und dessen Chefzeichner Hansi Kiefersauer, deutsches Comic-Urgestein mit Wurzeln in der Zeit der Underground-Comix. Explizit auf die Bedürfnisse von Kindern abgezielt, machen die teilweise haarsträubenden Geschichten um den Käpt'n und die Kids (sowie natürlich Hein Blöd!) dem Zielpublikum und dessen Eltern auch in dieser Inkarnation großen Spaß. Ein hochsympathisches Beispiel dafür, wie es gelingen kann, auch aus heimischen Ressourcen zu schöpfen, um am Kindersektor kommerziell erfolgreich tätig zu sein. (hah)

Thorsten Kiecker/Andreas Pasda/Hubertus Rufledt/Andreas Schulze, "Die Abrafaxe in Afrika: Congo", Mosaik

Als "Quereinsteiger" in die (west-)deutsche Comic-Szene hatten und haben es die Abrafaxe nicht unbedingt immer leicht. Zumeist wird ihre Existenz trotz des großen Erfolgs insbesondere von Kritikerseite oft einfach nur so zur Kenntnis genommen. Was man dabei übersieht, ist die eklatant hohe Qualität dieser traditionsreichen Kinder- und Jugendcomics. In ihrer grafischen Gestaltung, mag sie manchem auch als zu glatt oder kommerziell erscheinen, stehen die Mosaik-Gnome in all ihren Versionen auch im internationalen Vergleich im besten Licht da, etwa wenn man an die um nichts überlegenen wöchentlichen Disney-Comics in "Micky Maus" aus skandinavischer Fertigung denkt. Optisch Funny-Comics von hohem Rang, sind auch die Inhalte der Abrafaxe-Comics, wenn auch sehr unterschiedlich, meist von hohem Niveau. Einfach gute, witzige, spannende, qualitativ hohe und vor allem zielgruppengerechte Unterhaltung. Und was will man eigentlich mehr von einem gelungenen Kindercomic? (hah)

 

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