Kategorie 4b
Beste deutschsprachige Comic-Publikation für Jugendliche

Rumiko Takahashi, "Ranma 1/2", Egmont

Mehr als bei vielen anderen bei uns erscheinenden Mangas (korrekt wäre eigentlich die Mehrzahl "Manga" ohne s) steht bei "Ranma 1/2" zweifellos der Faktor "Fun" im Mittelpunkt. Ja, natürlich wird auch viel gekämpft (obwohl eher à la Jackie Chan); ja, natürlich gibt es den roten Faden einer extrem komplizierten Liebesgeschichte ... aber die Hauptsache bleibt doch der Spaß. Und dieser wird im Prinzip durch zwei simple Faktoren erzeugt: einerseits die andauernde abrupte Verwandlung (Junge/Mädchen, Mann/Panda, Junge/Ferkel ...) mehrerer Hauptpersonen durch Übergießen mit heißem beziehungsweise kaltem Wasser, andererseits eine Vielzahl von turnierartigen "martial arts"-Kämpfen der nie gesehenen Art. Oder wer kann schon behaupten vor "Ranma 1/2" je etwas von Konkurrenzen in "martial arts"-Bodenturnen oder in der Kategorie Tarnung (als Briefkasten, als Laternenpfahl ...) gehört zu haben? Eben. Erstaunlich wie sich diese simplen Ingredienzien zu immer neuen skurril-verwickelten Handlungssträngen zusammenmixen lassen. Aber die Übung gelingt und so ist es auch weiter kein Wunder, daß Rumiko Takahashis Serie (seit kurzem auch in der Anime-Version auf RTL II zu bewundern) seit Jahren zu den internationalen Best- und Longsellern der Manga-Welle zählt. Viel Spaß für - glücklicherweise - vergleichsweise wenig Geld! (hah)

Carlos Trillo/Laura Scarpa, "Wie im richtigen Leben: Herzstolpern", Schwarzer Klecks

Comics sind selten wie das richtige Leben. Aber die Geschichte über einen jungen Comic-Zeichner kann selbstverständlich das richtige Leben mit den vielen Möglichkeiten seiner grafischen Umsetzung verbinden. Und zum richtigen Leben gehört nun einmal auch die Fantasie, ja sie macht einen entscheidenden Teil davon aus. Man könnte den Comic-Roman "Wie im richtigen Leben" beinahe "autoreflexiv" nennen, weil er die vielen Ebenen von Erfahren, Erfinden und Erschaffen amüsant, spannend und ein wenig traurig zu der Geschichte eines Jungen und seiner verzwickten Begegnungen mit dem weiblichen Geschlecht bündelt. Das Szenario hat der Argentinier Carlos Trillo verfasst, der die Vorlagen für eine Reihe bedeutender Comic-Zeichner (darunter Alberto Breccia) lieferte. Die grafische Umsetzung liegt in den Händen der Italienerin Laura Scarpa, die in ihrem Land längst zu den ganz großen Künstlerinnen zählt und an der Comic-Akademie in Mailand lehrt. Sie verwebt zahlreiche Zitate aus vielen Epochen und Stilarten der Comic-Historie in den expressiven Realismus des Hauptstrangs einer Geschichte, die Innenwelt und Außenwelt und Kunstwelt zu einer völlig unangestrengten Einheit verbindet und den jugendlichen Blick auf die Welt in ihrer glitzernden Regenbogenvielfalt wiederzugeben vermag. (HH)

Tehem, "Malika", Carlsen Comics

Malika ist eine kesse Göre, die mit kurzen Zöpfchen, Minirock und klobigen Schuhen wie eine verspätete Girlie-Ikone durchs Vorstadtleben tobt. Sie hat nicht nur eine entwaffnende Oberweite, sondern auch ziemlich viel Köpfchen, was ihr bei der Bewältigung der alltäglichen Tristesse aus Schule, Jobsuche, nicht vorhandenen Freizeitangeboten und der Gleichgültigkeit der Erwachsenen sehr zugute kommt. Lebendig wirken die kurzen Einseitenstrips vor allem durch den Kontrast der unterschiedlichen Figuren. Während Malika vor Temperament sprüht, schlurfen ihre Freunde Jeff und Dooley ziemlich verschnarcht durch die Gegend. Mit treuherzigen Sozialarbeitern, bildungspolitisch engagierten Bibliothekarinnen und verblödeten Hools versammelt Autor und Zeichner Tehem eine ganze Reihe Charaktere, die viel Raum für Situationskomik bieten. Die Serie stammt aus dem französischen Jugendmagazin "Tcho!" und ist einer der wenigen zeitgemäßen Funnies für Jugendliche, die hier zu Lande erscheinen. In der coolen, aber auch gutmütigen Titelheldin finden junge Leserinnen ein sympathisches Rollenmodell; an ihrer Pfiffigkeit können aber auch Jungs Gefallen finden. (pela)

Matt Groening u.a., "Futurama", Dino

Nach zehn Jahren hatte Matt Groening - wer wollte es ihm verdenken - die Nase voll von den Simpsons. Aber Groening, vom Habitus her ein Späthippie, von der persönlichen Veranlagung ein Workaholic, legte sich eben nicht auf die faule Haut und finanzierte mit den Einnahmen aus dem Simpsons-Merchandising seine eigene Südsee-Insel, er stürzte sich auf eine neue Aufgabe: "Futurama" heißt sein neuestes Projekt, das wenigstens so brillant ist, wie die gelbe Familie, wenn auch eher noch bissiger. Geschildert werden die Abenteuer des Pizzaboten Fry, der durch einen Unfall tiefgefroren wird und in der Zukunft des Jahres 3000 aufwacht. Hier lernt er bei seinem eigenen Urururururururururneffen, dem etwas wunderlichen Professor Farnsworth, neue Freunde kennen: Da ist zunächst die vermeintliche Außerirdische Leila, die zwar eine Traumfigur hat, aber nur ein Auge aufweisen kann. Dann die eigentliche Hauptfigur der Serie, der sarkastische Roboter Bender, der seinen Zynismus und Lebensüberdruss nur mühsam hinter einer Fassade aus Alkohol-, Sex- und Spielsucht verstecken kann. Professor Farnsworths Assistent ist die Krabbe Zoidberg, ein Wissenschaftler, der sich hauptsächlich von Fischabfällen ernährt und dringend ein Weibchen sucht, dessen Laich er befruchten kann. Um sie herum schart sich eine ganze Reihe von ständig wiederkehrenden Nebenfiguren, zu denen auch Matt Groenings Lieblingsfeinde, der ehemalige US-Präsident Richard Nixon und sein Außenminister Kissinger gehören. Gekonnt nehmen Groening und seine Drehbuchautoren so ziemlich jede menschliche Schwäche und modische Geschmacksverirrung der letzten Jahrzehnte aufs Korn. Und auch die Umsetzung ins Comicheft ist - anders als bei den Simpsons - von vorne bis hinten gelungen. Ein Riesenspaß. (LuG)

 

nach oben  zurück zu Max-und-Moritz-Preis  zurück zu Nominierungen